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Bayern und Bund schieben sich nach Attenat von Aschaffenburg Verantwortung zu
Nach dem tödlichen Messerattentat von Aschaffenburg haben sich die bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung die Verantwortung zugeschoben. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warf dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, vor, eine mögliche Abschiebung des 28-jährigen tatverdächtigen Afghanen nach Bulgarien verhindert zu haben. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) warfen ihrerseits den bayerischen Landesbehörden Vollzugsdefizite bei Abschiebungen vor.
Der als psychisch krank geltende mutmaßliche Täter wurde am Donnerstag in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Eine Ermittlungsrichterin erließ am Nachmittag auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Unterbringungsbefehl.
Der Befehl sei wegen zweifachen vollendeten und zweifachen versuchten Mordes jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erlassen worden, erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft in Würzburg gemeinsam. Beim fünften Opfer würden hinsichtlich des genauen Tatgeschehens und der Entstehung der Verletzungen die Ermittlungen noch andauern. Der 28-Jährige habe sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Der Mann war am Mittwoch mit einem Messer auf eine Kindergartengruppe in einem Park in Aschaffenburg losgegangen. Ein zwei Jahre alter Junge starb. Ein 41 Jahre alter Passant, der helfen wollte, wurde ebenfalls tödlich verletzt.
Drei weitere Menschen - darunter ein weiteres zweijähriges Kind - erlitten Verletzungen, die aber nicht lebensgefährlich waren. Eine Verletzte konnte nach Angaben vom Donnerstagabend in der Zwischenzeit wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden, das Mädchen und ein verletzter Mann werden weiterhin stationär behandelt.
Der Tatverdächtige hätte laut dem bayerischen Innenminister Herrmann schon im Sommer 2023 abgeschoben werden können. Die am 19. Juni 2023 im Dublin-Verfahren angeordnete Abschiebung nach Bulgarien sei den für diese Abschiebung zuständigen bayerischen Behörden aber um Wochen verspätet mitgeteilt worden. Damit sei die Abschiebung innerhalb der vorgegebenen Frist nicht mehr möglich gewesen.
Im Anschluss an die im Sommer 2023 gescheiterte Abschiebemöglichkeit nach Bulgarien sei vom Bamf bis zum vergangenen Dezember keine Entscheidung zum Asylantrag des Manns getroffen worden. "Die Verantwortung dafür liegt allein beim Bamf", sagte Herrmann. Zu Äußerungen von Kanzler Scholz, die Behörden müssten mit Hochdruck aufklären, warum der Attentäter noch in Deutschland war, sagte Herrmann, der Bundeskanzler könne sich "hier voll mit den eigenen Behörden beschäftigen".
Dieser wies die Kritik zurück: "Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite, insbesondere in diesem Fall bei den bayerischen Behörden", sagte Scholz am Rande eines Wahlkampftermins in Erfurt. Er werde "nicht akzeptieren, dass diejenigen, die ihre Aufgaben machen müssen, sich jetzt damit beschäftigen, davon abzulenken".
Im Interview mit der Nachrichtensendung MDR Aktuell legte Scholz mit seiner Kritik nach. Es sei "schwer verständlich, dass es nicht gelungen ist, den Täter, der jetzt diese furchtbare Tat begangen hat, aus Deutschland rauszubringen".
Zudem warf er unionsgeführten Bundesländern vor, im Bundesrat mit dem Nein zu einem Teil des sogenannten Sicherheitspaket der Ampel-Koalition "Gesetze zur Verbesserung der inneren Sicherheit" blockiert zu haben. Ein solches Vorgehen sei "nicht in Ordnung", sagte Scholz.
Faeser betonte in Berlin, die bayerischen Behörden müssten "erklären, warum der Täter trotz mehrfacher Gewaltdelikte noch auf freiem Fuß war". Offenbar seien in Bayern einige Dinge schiefgelaufen. Sie erwarte, dass Abschiebungen, für welche die Länder zuständig seien, auch tatsächlich funktionierten.
In einem Interview mit dem "heute journal" des ZDF sagte Faeser, es gebe in den Bundesländern "zu wenig" Abschiebehaftplätze. Die Bundesregierung werde sich "angucken müssen", ob es sinnvoller sei, Abschiebungen von den Behörden der Bundesländer auf andere Behörden zu verlagern.
Wie der bayerische Innenminister Herrmann sagte, hatte der Tatverdächtige vor der Attacke erklärt, freiwillig ausreisen zu wollen. Es sei auf die afghanischen Papiere gewartet worden. Eine Möglichkeit zur Abschiebung nach Afghanistan habe nicht bestanden. Außerdem bestätigte der CSU-Politiker, dass dem Tatverdächtigen wegen seiner wiederholten psychischen Auffälligkeiten eine Betreuerin zugeordnet worden war.
In Aschaffenburg wurden am Donnerstag am Tatort Kränze niedergelegt. "Die schrecklichen Bilder werden sich in das Gedächtnis vieler Menschen eingraben", sagte der Aschaffenburger Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) in der Gedenkstunde über die Attacke.
Herzing dankte den Einsatzkräften. Insbesondere dankte er dem 41-jährigen Passanten für seine Zivilcourage, der bei der Attacke dazwischen gegangen war und dabei tödlich verletzt wurde. Wie der Aschaffenburger Oberbürgermeister weiter sagte, soll es am Sonntag einen Trauergottesdienst geben. Die Stadt habe außerdem ein Kondolenzbuch ausgelegt und ein Spendenkonto für die Opfer und Angehörigen eingerichtet.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, an dem Trauergottesdienst teilzunehmen. Der getötete 41-jährige solle außerdem posthum mit der bayerischen Rettungsmedaille ausgezeichnet werden.
Das Polizeipräsidium Unterfranken warnte unterdessen vor gefälschten Spendenaufrufen im Zusammenhang mit der Tat. Derzeit gebe es vermehrt Hinweise darauf, die strafrechtlichen Konsequenzen würden geprüft.
J.Horn--BTB