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Ablehnung von Ukraine-Besuch Steinmeiers sorgt für Kritik und Besorgnis
Die ukrainische Ablehnung eines Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kiew hat in der deutschen Politik Kritik und zugleich Besorgnis ausgelöst. SPD-Außenpolitiker Michael Roth bezeichnete die Entscheidung am Mittwoch als "nicht angemessen", ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Der Unions-Außenpolitikexperte Jürgen Hardt (CDU) sprach von einer "schweren Belastung" und forderte einen sofortigen Anruf von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Kiew.
Es gehe "ja nicht um die Person Frank-Walter Steinmeier, es geht um unseren Bundespräsidenten", sagte Roth dem Sender rbb. Deutschland sei "einer der engsten Verbündeten der Ukraine" und "deswegen halte ich das für nicht angemessen". Er hoffe, dass es "keine weiteren Abkühlungen" gebe, sagte der Vorsitzende des Außenausschusses des Bundestags. Politik und Bevölkerung stünden hinter der Ukraine.
Mützenich bezeichnete die Entscheidung der ukrainischen Regierung als "bedauerlich". Sie werde den deutsch-ukrainischen Beziehungen "nicht gerecht", erklärte er. "Gleichwohl werden wir darauf achten, dass dieser Vorgang unsere Zusammenarbeit nicht gefährden wird." Zugleich forderte der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, "dass sich ukrainische Repräsentanten an ein Mindestmaß diplomatischer Gepflogenheiten halten und sich nicht ungebührlich in die Innenpolitik unseres Landes einmischen".
Der FDP-Außenpolitikexperte Alexander Graf Lambsdorff sprach von einer "sehr unglücklichen Entscheidung" der Kiewer Führung. Diese habe eine "Fehler" gemacht, sagte er dem Sender Welt. "Da wieder rauszukommen, das wird schwierig." Sicher sei, dass Scholz "jetzt jedenfalls kurzfristig nicht nach Kiew fahren kann". Das wäre ein "Affront" gegen den Bundespräsidenten.
Hardt forderte ein sofortiges Telefonat zwischen dem Bundeskanzler und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch am Mittwoch. Scholz solle mit Selenskyj "die Dinge besprechen, auch alle Beschwernisse auf beiden Seiten auf den Tisch legen", sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im ARD-"Morgenmagazin".
Die ukrainische Führung hatte am Dienstag einen Besuch Steinmeiers abgelehnt, der gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen nach Kiew reisen wollte. Diese brachen am Mittwoch ohne Steinmeier in die Ukraine auf. Die Entscheidung der Ukraine gilt als ungewöhnlicher diplomatischer Affront und als klares Anzeichen dafür, wie tief die Unzufriedenheit mit der deutschen Politik in der Ukraine ist.
Steinmeier hatte in seinen früheren Ämtern als Kanzleramtschef und Außenminister eine russlandfreundliche Politik verfolgt und auch das umstrittene Projekt der Gaspipeline Nord Stream 2 unterstützt. Vor einer Woche räumte er dann Fehler seiner Politik ein und erklärte, dass er sich in dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getäuscht habe.
Zuvor hatte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, dem Präsidenten vorgeworfen, "seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft" zu haben. Am Dienstagabend sprach sich Melnyk nach der Absage des Besuchs des Bundespräsidenten für eine Kiew-Reise von Scholz aus. Es sei wichtig, "dass der Regierungschef nach Kiew kommt", sagte er den Sendern ProSieben und Sat.1.
Aktuell werden die deutsch-ukrainischen Beziehungen auch durch die anhaltende Debatte um die Lieferung schwerer Waffen belastet. Die militärisch durch den russischen Angriffskrieg schwer unter Druck stehende Ukraine wünscht sich etwa Panzer. Am Mittwoch forderte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter (Grüne), von Scholz eine Zusage. Scholz müsse "endlich Führungsverantwortung" zeigen, sagte er dem Sender MDR. Grüne und FDP seien in der Ampel-Koalition nicht das Problem.
D.Schneider--BTB