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Zweifel an Biden nach schwachem TV-Duell auch im eigenen Lager
Nach seinem schwachen Aufritt bei der TV-Debatte gegen seinen Widersacher Donald Trump gerät US-Präsident Joe Biden auch in den eigenen Reihen zunehmend unter Druck. Mit Lloyd Doggett aus Texas forderte am Dienstag erstmals ein demokratischer Abgeordneter Biden öffentlich zum Rückzug von seiner Kandidatur für die anstehende Präsidentschaftswahl auf. Biden selbst erklärte sein schwaches Auftreten bei einer Spendengala mit Müdigkeit nach mehreren internationalen Reisen. Am Mittwochabend will der US-Präsident laut Angaben aus dem Weißen Haus mit demokratischen Gouverneuren zusammenkommen.
In einer Erklärung äußerte der texanische Kongressabgeordnete Doggett die Hoffnung, dass Biden "die schmerzhafte und schwierige Entscheidung" treffen werde, aus dem Rennen "auszusteigen". Auch die ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagte, es sei "legitim", sich zu fragen, ob Bidens schwacher TV-Auftritt nur eine "Episode" oder ein Dauerzustand sei. "Die Wahrheit ist, dass Biden gegenüber Trump verlieren wird", betonte die demokratische Abgeordnete Marie Gluesenkamp Perez aus Washington. Die Debatte habe zu viel Schaden angerichtet.
Vize-Präsidentin Kamala Harris bekundete unterdessen ihre Unterstützung für den 81-jährigen Amtsinhaber. Sie sei stolz darauf, sein sogenanntes Running Mate zu sein. "Joe Biden ist unser Kandidat", sagte sie im Sender CBS News. "Wir haben Trump einmal geschlagen und wir werden ihn wieder schlagen."
Harris wäre im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens Bidens die naheliegendste Alternativkandidatin. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Senders CNN hätte sie etwas bessere Chancen, den republikanischen Herausforderer Trump zu schlagen. Bei einem Rennen Harris gegen Trump lägen ihre Zustimmungswerte demnach bei 45 gegenüber 47 Prozent für den Ex-Präsidenten der Republikaner. Im Duell Biden gegen Trump liegt das Verhältnis dagegen bei 43 zu 49 Prozent.
Laut der CNN-Umfrage gehen drei Viertel der Wähler davon aus, dass die Demokraten mit einem anderen Kandidaten als Binden bessere Chancen hätten, nach der Wahl am 5. November erneut ins Weiße Haus einzuziehen.
Bei einer Spendengala nannte Biden selbst seine Müdigkeit nach internationalen Reisen als Begründung für den schwachen Auftritt bei der Fernsehdebatte in der vergangenen Woche. Es sei nicht sehr klug gewesen, kurz vor dem Duell "mehrmals um die Welt zu reisen. Ich habe nicht auf meine Mitarbeiter gehört (...) und dann ich bin auf der Bühne fast eingeschlafen", sagte er. Dies sei "keine Entschuldigung, aber eine Erklärung".
Biden war Anfang Juni nach Frankreich gereist, um an den Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilzunehmen, zudem besuchte er das Land für einen Staatsbesuch. Mitte des Monats reiste Biden nach Italien zum G7-Gipfel.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, räumte am Dienstag ein, dass die Debatte "ein schlechter Abend" war. Biden wisse jedoch, "wie man sich von Widrigkeiten erholt". Forderungen nach einem Test zur Feststellung der geistigen Fähigkeiten wies sie zurück. Dies sei laut dem Ärzteteam des Präsidenten "nicht gerechtfertigt und nicht notwendig".
Unterdessen wollen die Gouverneure der demokratischen regierten Bundesstaaten ein Treffen mit dem US-Präsidenten am Mittwochabend zur direkten Aussprache nutzen. "Momentan ist Joe Biden unser Kandidat und ich unterstütze ihn zu 100 Prozent, es sei denn, er trifft eine andere Entscheidung", sagte der Gouverneur von Illinois, J.B. Pritzker. "Wir werden besprechen, was der beste Weg nach vorne ist", fügte er hinzu.
Biden - mit seinen 81 Jahren der älteste Präsident der US-Geschichte - hatte bei der TV-Debatte mit seinem voraussichtlichen Herausforderer Trump im Sender CNN am Donnerstagabend mit heiserer Stimme gesprochen, sich wiederholt in seinen Formulierungen verheddert und Sätze nicht zu Ende gesprochen.
Bislang hat er sich nicht öffentlich in einem Interview geäußert. Für Freitag kündigte der Sender ABC News ein Interview mit ihm an, das am Sonntag in vollständiger Länge gesendet werden soll. Für die kommenden Woche kündigte das Weiße Haus eine Pressekonferenz des Präsidenten an. Biden hat seit Januar 2022 keine längere Pressekonferenz abgehalten.
Die Spekulationen über seinen Gesundheitszustand halten seit Längerem an. Die meisten Wochenenden verbringt Biden ohne offizielle Termine in einem seiner Häuser im Bundesstaat Delaware. Statt der hohen Gangway seines Flugzeuges benutzt er eine kürzere, stabilere Treppe.
Ein Wechsel des demokratischen Präsidentschaftskandidaten wäre politisch heikel. Biden selbst müsste sich zum Rückzug entschließen, um vor dem Parteitag in diesem Monat Platz für einen anderen Kandidaten zu machen. Der Amtsinhaber hatte die demokratischen Vorwahlen mit überwältigender Mehrheit gewonnen, die insgesamt 3.900 Delegierten sind ihm verpflichtet. Sollte Biden ausscheiden, müssten sie einen Ersatz bestimmen.
C.Meier--BTB