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Briten wählen ein neues Parlament - Machtwechsel steht bevor
Großbritannien bereitet sich auf einen Machtwechsel vor: Überall im Land haben die Menschen am Donnerstag ihre Stimme bei der Parlamentswahl abgegeben. Labour-Chef Keir Starmer, dessen Partei ein historischer Wahlsieg über die regierenden Tories prognostiziert wird, rief zu einer regen Wahlbeteiligung auf. "Ein Wandel kann nur stattfinden, wenn Sie ihn wählen", schrieb er im Onlinedienst X. Auch an der Londoner Börse war die Hoffnung auf einen Machtwechsel zu spüren.
In landesweit mehr als 40.000 Wahllokalen in Kirchen, Gemeindezentren und Schulen konnten die Wähler ihre Stimme abgeben. Manche mussten dafür auch ungewöhnlichere Orte wie Pubs oder sogar ein Schiff aufsuchen. Starmer gab seine Stimme am Vormittag im Londoner Norden ab. Auch der amtierende konservative Premierminister Rishi Sunak begab sich bereits früh an die Wahlurne.
Geschlossen werden die Wahllokale um 22.00 Uhr (Ortszeit, 23.00 Uhr MESZ). Dann verkünden Medien bereits die Ergebnisse von Nachwahlbefragungen, welche in der Regel ein ziemlich präzises Bild davon zeichnen, wie sich die Parteien geschlagen haben. Über Nacht werden nach und nach die Ergebnisse der 650 britischen Wahlbezirke eintreffen.
"Ich bin gerade aus Australien zurückgezogen und ich habe das Gefühl, dass alles in diesem Land schief gelaufen ist und viele Leute unzufrieden sind", sagte die 32-jährige Autorin Ianthe Jacob nach ihrer Stimmabgabe in Hackney in Ost-London. Sie traue keinem der Kandidaten, sagte die 22-jährige Studentin Judith in Saint Albans nördlich von London. "Aber ich werde wählen. Vielen meiner Freunde geht es genauso", betonte sie.
In der jüngsten Umfrage der Meinungsforschungsinstitute YouGov, Focaldata und More in Common wurde Labour ein historischer Sieg vorhergesagt. Demnach könnte die Partei auf mindestens 430 der insgesamt 650 Sitze im Londoner Unterhaus kommen und sogar den Erdrutschsieg von 1997 unter dem damaligen Parteichef Tony Blair noch übertreffen. Die Konservativen stürzten in der Erhebung auf ein Rekordtief von weniger als 127 Sitzen ab.
In der Umfrage der drei Institute gewannen zudem sowohl die Liberalen als auch die rechtspopulistische Partei Reform UK von Nigel Farage Sitze im Parlament dazu. Auch Farage selbst könnte in seinem achten Anlauf als Abgeordneter ins Unterhaus einziehen.
Nach Jahren geprägt von Brexit, Corona, Wirtschaftskrise und jeder Menge Skandale scheinen die Wählerinnen und Wähler eine Veränderung herbeizusehnen. In den 14 Jahren der Tory-Regierungen erlebten die Briten insgesamt fünf konservative Premiers - 2022 waren es drei binnen vier Monaten.
Die britische Parlamentswahl wirkte sich am Donnerstag auch auf die Kurse an der Londoner Börse aus. Dort legte das Pfund im Vergleich zum Dollar zu. Allzu große Schockwellen dürfte das Wahlergebnis nach Einschätzung des Analysten Joshua Mahony jedoch nicht auslösen. Ein durchschlagender Sieg der Labour-Partei werde erwartet, die Märkte blickten optimistisch auf den möglichen Wechsel in der Downing Street, sagte er.
Die Tories hatten vor allem einen Negativ-Wahlkampf geführt, vor Steuererhöhungen durch eine Labour-Regierung gewarnt und ein härteres Vorgehen bei den Themen Migration und Sicherheit angekündigt. Dagegen warb Labour-Chef Starmer für eine Rückkehr zur Seriosität in der britischen Politik, versprach ein langfristiges Wirtschaftswachstum und präsentierte sich vor allem als Diener des Landes. "Erst das Land, dann die Politik", betonte er immer wieder.
Sollten die Prognosen zutreffen und die Tories nach mehr als einem Jahrzehnt im Amt die Macht abgeben müssen, wird Sunak am Freitag bei König Charles III. seinen Rücktritt als Premierminister einreichen. Wenig später wird der Monarch Starmer dazu einladen, als Premierminister die kommende britische Regierung zu führen. Der nächste Stopp für den Labour-Chef ist dann der Amtssitz des Premiers in Downing Street Nummer 10, wo er eine erste Rede halten und seine Minister ernennen wird.
Für den 61-jährigen Starmer, der seine politische Karriere erst vor neun Jahren startete und zuvor als Jurist arbeitete, wäre das ein bemerkenswerter Aufstieg. Dagegen wäre Sunak der erste amtierende britische Premierminister, der bei einer Parlamentswahl nicht wiedergewählt würde.
L.Janezki--BTB