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Nachwahlbefragungen: Erdrutsch-Sieg für Labour-Partei bei britischer Parlamentswahl
Labour-Erdrutschsieg nach 14 Jahren Tories: Bei der Unterhaus-Wahl in Großbritannien hat die Partei von Oppositionsführer Keir Starmer laut Nachwahlbefragungen ein überragendes Ergebnis von 410 der 650 Sitze errungen. Die konservativen Tories von Premierminister Rishi Sunak erlitten laut den am Donnerstagabend veröffentlichten Nachwahlbefragungen mit nur 131 Sitzen hingegen ihre schlimmste Niederlage seit Beginn des 20. Jahrhunderts und wurden damit wie erwartet eindeutig abgewählt.
Die Nachwahlbefragungen wurden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 22.00 Uhr Ortszeit (23.00 Uhr MESZ) veröffentlicht. Sie sprechen für eine bittere Niederlage der Konservativen. Nachdem sie vor fünf Jahren noch eine komfortable Mehrheit von 365 Sitzen errungen hatten, können sie nun nur noch mit 131 Sitzen im Unterhaus rechnen.
Die oppositionellen Liberaldemokraten legten hingegen zu und errangen den Nachwahlbefragungen zufolge bei dem nach dem Mehrheitswahlrecht abgehaltenen Urnengang 61 Sitze. Die einwanderungsfeindliche Partei Reform UK von Nigel Farage kommt demnach auf 13 Mandate und würde damit noch deutlich besser abschneiden als in Umfragen vorausgesagt.
Labour war vorab bereits ein historischer Sieg prognostiziert worden. In Umfragen war Starmers Partei sogar auf mindestens 430 der insgesamt 650 Unterhaus-Sitze gekommen. Mit den 410 laut den Nachwahlbefragungen zu erwartenden Sitzen kommt die Labour-Partei nahe an ihr Rekordergebnis von 1997 unter Tony Blair heran, als sie 418 Mandate errungen hatte. Für eine absolute Mehrheit im Unterhaus sind lediglich 326 Sitze nötig.
Starmer, der nun vor seinem Amtsantritt als Premierminister steht, bedankte sich im Onlinedienst X bei seinen zahlreichen Unterstützern. "An alle, die bei dieser Wahl für die Labour-Partei Wahlkampf gemacht haben, an alle, die für uns gestimmt und ihr Vertrauen in unsere gewandelte Labour-Partei gesetzt haben: Danke", schrieb er.
Erste Ergebnisse der Stimmenauszählung könnten noch am Donnerstagabend veröffentlicht werden. Im Laufe der Nacht zu Freitag werden dann die Ergebnisse aus immer mehr Wahlkreisen vorliegen.
In den 14 Jahren der Tory-Regierungen hatten die Britinnen und Briten insgesamt fünf konservative Premiers erlebt - 2022 waren es drei binnen vier Monaten. Nach Jahren geprägt von Brexit, Corona, Wirtschaftskrise und jeder Menge Skandalen sehnen sie offenbar eine Veränderung herbei. Auch die Mängel beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS, bei dem Patienten oft Monate auf Arzttermine oder eine Operation warten müssen, spielten im Wahlkampf eine wichtige Rolle.
Die Tories hatten vor allem einen Negativ-Wahlkampf geführt, vor Steuererhöhungen durch eine Labour-Regierung gewarnt und ein härteres Vorgehen bei den Themen Migration und Sicherheit angekündigt. Dagegen warb Labour-Chef Starmer für eine Rückkehr zur Seriosität in der britischen Politik, versprach ein langfristiges Wirtschaftswachstum und präsentierte sich vor allem als Diener des Landes. "Erst das Land, dann die Politik", betonte er immer wieder.
Nach der deutlichen Wahlschlappe der Tories wird Sunak voraussichtlich am Freitag bei König Charles III. seinen Rücktritt als Premierminister einreichen. Kurz darauf dürfte der Monarch Starmer dazu einladen, als Premierminister die kommende britische Regierung zu führen. Der nächste Stopp für den Labour-Chef ist dann der Amtssitz des Premiers in der Londoner Downing Street Nummer 10, wo er eine erste Rede halten und seine Minister ernennen wird.
Für den 61-jährigen Starmer, der seine politische Karriere erst vor neun Jahren startete und zuvor als Jurist arbeitete, ist dies ein bemerkenswerter Aufstieg. Sunak, der vor 20 Monaten sein Amt angetreten hatte, ist hingegen der erste amtierende britische Premierminister, der bei einer Parlamentswahl nicht wiedergewählt wurde.
Aus Deutschland trafen bereits Glückwünsche an Starmer und seine Partei ein. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil richtete auf X einen "herzlichen Glückwunsch" an die "Freunde von der Labour Party und den künftigen Premierminister Keir Starmer". Der SPD-Politiker fügte hinzu: "Gemeinsam werden Sozialdemokraten in London und Berlin nun ein neues Kapitel der britisch-deutschen Freundschaft und Zusammenarbeit aufschlagen. So wichtig in diesen Zeiten!"
J.Bergmann--BTB