Berliner Tageblatt - Nach tödlichem Drohnentreffer: Israel greift erstmals Huthis im Jemen an

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Nach tödlichem Drohnentreffer: Israel greift erstmals Huthis im Jemen an
Nach tödlichem Drohnentreffer: Israel greift erstmals Huthis im Jemen an / Foto: © AFP

Nach tödlichem Drohnentreffer: Israel greift erstmals Huthis im Jemen an

Einen Tag nach einem tödlichen Drohnenangriff der vom Iran unterstützten Huthis auf Tel Aviv hat Israel erstmals direkt mit einem Gegenangriff auf Ziele der Miliz im Jemen reagiert. Kampfjets hätten "militärische Ziele des Huthi-Terrorregimes im Gebiet des Hafens von Hodeida" ins Visier genommen, teilte die israelische Armee am Samstag mit. Am Sonntag feuerten die Huthis erneut eine Rakete auf Israel ab.

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Nach Einschätzung von Experten handelte sich um den ersten israelischen Angriff auf den rund 2000 Kilometer entfernten Jemen. Der Angriff auf Hodeida am Samstag sei eine Reaktion "auf hunderte Angriffe" der pro-iranischen Huthis auf Israel in den vergangenen Monaten, erklärte die israelische Armee.

Der israelische Gegenangriff löste einen Großbrand aus, drei Menschen wurden getötet und 87 weitere verletzt, wie die jemenitische Nachrichtenagentur Saba unter Berufung auf das von den Huthis kontrollierte Gesundheitsministerium berichtete. Die meisten von ihnen hätten schwere Verbrennungen erlitten. Die Feuerwehr kämpfte am Sonntag nach Huthi-Angaben immer noch gegen die Flammen.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte nach dem Angriff, die Huthis hätten Israel bereits mehr als 200-mal angegriffen - nun, da sie erstmals einem Israeli Schaden zugefügt hätten, habe Israel reagiert.

"Das Feuer, das derzeit in Hodeida brennt, ist im gesamten Nahen Osten zu sehen und die Bedeutung ist klar", erklärte Gallant. "Das Blut israelischer Bürger hat einen Preis", betonte er. "Das haben wir im Libanon, in Gaza, im Jemen und an anderen Orten deutlich gemacht - wenn sie es wagen, uns anzugreifen, wird das Ergebnis das gleiche sein." Auch Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte in einer Fernsehansprache, Israel werde sich "mit allen Mitteln" verteidigen.

In der Nacht zum Freitag war bei einem Drohnenangriff der Huthis auf Tel Aviv ein Mensch getötet worden. Gallant hatte daraufhin eine scharfe Reaktion angekündigt. Armeesprecher Daniel Hagari sagte, die Huthi-Miliz nutze den Hafen in Hodeida "als Hauptversorgungsroute für den Transfer iranischer Waffen". Dies gelte auch für die Drohne, die bei dem Angriff auf Tel Aviv eingesetzt worden sei.

Der israelische Außenminister Israel Katz erklärte, der Angriff im Jemen sei auch eine Warnung an den Iran. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Sanktionen gegen Teheran zu "maximieren".

In Hodeida waren nach den Luftangriffen starke Explosionen zu hören. Über der Stadt war eine riesige Rauchwolke zu sehen. Huthi-Militärsprecher Jahja Saree kündigte eine "unvermeidliche und gewaltige" Reaktion an und erklärte, die Schiitenmiliz habe ballistische Raketen in Richtung des israelischen Urlaubsortes Eilat am Roten Meer abgefeuert.

Zuvor hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben einen erneut vom Jemen aus abgefeuerten Marschflugkörper abgefangen. Das auf Eilat gerichtete Geschoss habe jedoch "israelisches Gebiet nicht erreicht". Es sei aber Luftalarm ausgelöst worden, um vor möglicherweise herunterfallenden Splittern zu warnen.

Die islamistischen Huthis kontrollieren große Teile des Jemen. Sie befinden sich seit Jahren im Bürgerkrieg mit der international anerkannten Regierung des Jemen, seit 2014 kontrolliert die Miliz die Hauptstadt Sanaa.

Seit November greifen die Huthis immer wieder Handelsschiffe im Roten Meer und im Golf von Aden mit angeblichem Bezug zu Israel an. Nach eigenen Angaben wollen sie damit die Palästinenser im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen unterstützen. Wie die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon zählen sich die Huthis zur vom Iran ausgerufenen und gegen Israel gerichteten "Achse des Widerstands". Die Führung in Teheran spricht Israel sein Existenzrecht ab.

Derweil griffen auch die libanesische Hisbollah und die Palästinenserorganisation Hamas Israel erneut mit Raketen an. Die Hisbollah erklärte am Samstag, "Dutzende Katjuscha-Raketen" erstmals auf die nordisraelische Gegend Dafna abgefeuert zu haben. Später gab der bewaffnete Arm der Hamas an, eine Raketensalve vom Südlibanon aus in Richtung Obergaliläa abgeschossen zu haben.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen greift die Hisbollah Israel vom Libanon aus nahezu täglich an. Zehntausende Menschen mussten seitdem ihre Häuser in Nordisrael verlassen. Israel reagiert darauf seinerseits mit Angriffen im Nachbarland.

Der Krieg war durch einen beispiellosen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Nach israelischen Angaben wurden dabei 1195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 116 von ihnen sind demnach noch immer in der Gewalt der Hamas. Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach unabhängig nicht überprüfbaren Angaben der Hamas wurden dabei bislang mehr als 38.900 Menschen getötet.

Internationale Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln verlaufen seit Monaten erfolglos. Wie bereits in den vergangenen Wochen demonstrieren auch am Samstag wieder tausende Israelis für einen Geisel-Deal. Sie forderten Netanjahu auf, vor seiner USA-Reise einem entsprechenden Abkommen mit der Hamas zuzustimmen. "Zuerst muss man den Vertrag unterschreiben und danach nach Washington gehen", sagte die Demonstrantin Ofira Asrieli in Tel Aviv.

Netanjahu fliegt nach Angaben seines Büros am Montag in die USA. Am Dienstag werde er in Washington mit US-Präsident Joe Biden zusammentreffen, hieß es am Sonntag. Am Mittwoch ist eine Rede Netanjahus vor dem US-Kongress geplant.

H.Seidel--BTB