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Hisbollah macht Israel für massenhafte Pager-Explosionen im Libanon verantwortlich
Nach massenhaften zeitgleichen Explosionen von Pagern im Libanon mit mehreren Toten und zahlreichen Verletzten hat die pro-iranische Hisbollah-Miliz Israel die Verantwortung zugewiesen. "Wir machen den israelischen Feind voll verantwortlich für diese kriminelle Aggression", erklärte die Miliz am Dienstag. Die mit der Hisbollah verbündete radikalislamische Hamas sprach von einer "zionistischen terroristischen Aggression". Das US-Außenamt erklärte, es sei nicht an der Massenexplosion beteiligt gewesen und auch nicht im Vorfeld darüber informiert worden.
"Ich kann Ihnen sagen, dass die USA nicht daran beteiligt waren und dass die USA nicht im Voraus von diesem Vorfall wussten", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. "Im Moment sammeln wir Informationen." Washingtons Verbündeter Israel äußerte sich bisher nicht zu den Vorfällen. Bei den massenhaften Pager-Explosionen wurden am Dienstag im Libanon laut Angaben der Regierung in Beirut neun Menschen getötet und fast 2800 weitere verletzt.
Zugleich mahnte die US-Regierung den Iran, nichts zu tun, was die derzeit angespannte Lage verschärft. "Wir möchten den Iran dringend bitten, diesen Vorfall nicht auszunutzen, um weitere Instabilität zu schaffen", sagte Miller. Der Iran unterstützt die Hisbollah im Libanon, die nach dem Beginn des Gaza-Krieges ihre Angriffe auf Israel intensiviert hatte. Dem iranischen Staatsfernsehen zufolge wurde auch der iranische Botschafter in Beirut, Modschtaba Amani, bei den Pager-Explosionen verletzt. Die Verletzungen des 61-Jährigen seien aber nur "oberflächlich" und er sei bei Bewusstsein, hieß es.
Die Explosionen trafen am Dienstagnachmittag mehrere Hochburgen der Hisbollah im Libanon. Es habe "gleichzeitigen" Detonationen in den Bastionen der Miliz im Süden der Hauptstadt Beirut, im Südlibanon und der östlichen Bekaa-Ebene gegeben, gab eine Quelle der Miliz an.
Die Hisbollah erklärte, Israel werde für die Angriffe "sicherlich seine gerechte Strafe" erhalten. Unter den Toten war auch der Sohn eines Hisbollah-Abgeordneten, verlautete aus der Miliz nahestehenden Kreisen. Der Sohn eines weiteren Hisbollah-Abgeordneten sei verletzt worden. Zuvor hatte es geheißen, beide Söhne seien getötet worden.
Im Osten des Libanon wurde die zehnjährige Tochter eines Mitglieds der Miliz getötet, als sie neben ihrem Vater stand und dessen Pager explodierte, wie ihre Familie sowie eine Quelle aus dem Hisbollah-Umfeld angaben. Mehr als 200 Verletzte schwebten laut Angaben des libanesischen Gesundheitsminister Firass Abiad in Lebensgefahr.
Die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, sprach von einer "äußerst beunruhigenden Eskalation in einem bereits (...) volatilen Kontext". Sie forderte "alle beteiligten Parteien auf, von weiteren Aktionen (...) abzusehen, die einen größeren Flächenbrand auslösen könnten".
Die Hamas bezeichnete die Explosionen als "zionistische terroristische Aggression" und verurteilste sie aufs Schärfste. Bei den Angriffen sei kein Unterschied zwischen "Widerstandskämpfern" und Zivilisten gemacht worden, hieß es am Dienstag in einer Erklärung.
Die Regierung des Irak erklärte, es handele sich um einen "zionistischen Cyberangriff". Regierungschef Mohammed Schia al-Sudani habe medizinische Verstärkung in den Libanon geschickt, "um den Schmerz der verletzten unschuldigen Zivilisten zu lindern", hieß es in einer Mitteilung. Der jordanische Außenminister Ajman Safadi sagte, auch seine Regierung werde medizinische Unterstützung zur Versorgung der Verletzten schicken. Er verurteilte "jede Handlung, die die Sicherheit des Libanon gefährdet".
Die Hisbollah hatte ihre Mitglieder nach Beginn des Gaza-Krieges angewiesen, Mobiltelefone zu meiden und stattdessen auf ihr eigenes Telekommunikationssystem zurückzugreifen, um israelische Übergriffe zu verhindern. Pager ermöglichen den Empfang unter anderem von Nachrichten über ihre eigene Funkfrequenz und damit ohne die Nutzung von Mobilfunknetzen.
Die israelische Regierung hatte am Dienstag mitgeteilt, dass sie ihre Kriegsziele auf den Konflikt mit der Hisbollah im Libanon ausgeweitet habe. Seit dem Beginn des Krieges im Gazastreifen haben auch die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon zugenommen. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze mussten fliehen. Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant hatte am Montag erklärt, "militärisches Handeln" sei "der einzige verbliebene Weg, die Rückkehr der nordisraelischen Gemeinden sicherzustellen".
Israels Konflikt mit der Hisbollah im Libanon wurde bisher nicht offiziell als Krieg deklariert. Dennoch waren durch die Feuergefechte im Libanon laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP bislang mehr als 620 Menschen getötet worden, darunter mindestens 141 Zivilisten. Auf israelischer Seite, inklusive der annektierten Golan-Höhen, wurden nach Behördenangaben bisher 24 Soldaten und 26 Zivilisten getötet.
Die Hisbollah hatte nach eigenen Angaben am Montag und Dienstag erneut Ziele in Israel angegriffen. Das israelische Militär meldete seinerseits vor den Pager-Explosionen, es habe bei Angriffen auf einen "Standort terroristischer Infrastruktur" in der Gegend um das Dorf Blida im Südlibanon "drei Terroristen eliminiert".
G.Schulte--BTB