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Russische Exil-Opposition fordert Verurteilung von Putin als "Kriegsverbrecher"
In Berlin haben am Sonntag mehr als 1000 Exil-Russen gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und gegen Kreml-Chef Wladimir Putin demonstriert. Aufgerufen zu dem Protest hatten prominente Vertreter der russischen Exil-Opposition, darunter Julia Nawalnaja, Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa. Die drei wichtigsten russischen Oppositionellen forderten die Teilnehmer eindringlich auf, im Kampf gegen Putin nicht nachzulassen.
Mit Rufen wie "Nein zum Krieg" und "Nieder mit Putin" begrüßte Jaschin unter großem Jubel die Protestteilnehmer. Die Demonstration, angeführt von Nawalnaja, Kara-Mursa und Jaschin, startete am Nachmittag am Potsdamer Platz und führte über die Friedrichstraße zur russischen Botschaft Unter den Linden.
Die Polizei nannte die Zahl von rund 1500 Teilnehmern. Die Organisatoren sprachen zu Beginn der Demonstration von 1500 bis 2000 Teilnehmern, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Größe des Protests galt als Gradmesser für den politischen Einfluss der Kreml-Kritiker im Ausland.
Die prominenten Kreml-Kritiker hofften, mit der Demonstration der zersplitterten russischen Exil-Opposition neuen Schwung zu verleihen. Ziel sei es, "alle zu vereinen, die sich gegen die aggressive und verbrecherische Politik von Wladimir Putin stellen – gegen den Krieg in der Ukraine und gegen die politischen Repressionen innerhalb Russlands", erklärten die Organisatoren im Vorfeld.
"Russland, das sind wir", rief Jaschin dann bei dem Protestmarsch unter dem Jubel der Teilnehmer. "Hände weg von der Ukraine!". Slogans bei der Demonstration waren "Freiheit für Russland", "Wir haben keine Angst" oder "Zusammen gegen Putin". Viele Teilnehmer trugen Schilder mit der Aufschrift "Putin muss vor Gericht" und "Wir stehen an der Seite der Ukraine".
Jelena Gajewa vom Verein Demokratija, der die Veranstaltung mitorganisiert hatte, erinnerte die Teilnehmer daran, dass die russische Zivilgesellschaft "von innen heraus" wachse. Unterstützung für die Ukraine bezeichnete sie als "unsere moralischste Pflicht". "Unser Weg zu einem freien und demokratischen Russland besteht darin, der Ukraine zu helfen", sagte sie.
Zu den Forderungen der Teilnehmer gehörten der sofortige Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, die Amtsenthebung Putins und Anklage gegen ihn als Kriegsverbrecher. In Russland sitzen tausende Kritiker der Kreml-Politik im Gefängnis. Eine der größten russischen Exil-Gemeinden gibt es in Berlin.
Aber auch aus anderen Städten und sogar aus dem Ausland reisten Russen eigens zu der Demonstration nach Berlin. "Es ist wichtig zu zeigen, dass wir viele sind und dass wir es nicht zulassen, dass dieser Krieg passiert", sagte Jewgenij Alexejew, der aus Stuttgart nach Berlin gekommen war.
Valerija Aljochina reiste sogar aus dem südfranzösischen Nizza an, um zu spüren, "dass ich nicht alleine bin". Die Studentin Polina Selenskaja aus Estland äußerte die Hoffnung, dass die Opposition ihre Differenzen überwindet und gemeinsam gegen Putin vorgeht.
Der Tod des prominenten Oppositionsführers Alexej Nawalny, der im Februar unter unklaren Umständen in einem russischen Straflager in der Arktis gestorben war und dessen Witwe nun seinen Widerstand gegen Putin vom Exil in Deutschland aus weiterführt, hatte den russischen Dissidenten einen harten Schlag versetzt. Doch die Freilassung unter anderen von Jaschin und Kara-Mursa Anfang August bei einem Gefangenenaustausch zwischen Moskau und dem Westen verlieh der Gemeinschaft der Exil-Russen und Putin-Gegner neue Hoffnung.
Am Ende der Kundgebung wandten sich alle drei Oppositionsführer geschlossen an die Protestteilnehmer. Nawalnaja appellierte an die Exil-Russen, weiter "gegen das Putin-Regime" und gegen den Krieg zu kämpfen, "den Putin mit der Ukraine entfesselt hat", auch wenn dies schwierig sei.
"Wir müssen uns für die Menschen einsetzen, die heute nicht kommen konnten, wir müssen uns für die Menschen einsetzen, die jetzt im Gefängnis sind", forderte sie. In Erinnerung an ihren Mann sagte die Oppositionelle: "Wir müssen für die Menschen aufstehen, die getötet wurden, an ihrer Stelle stehen und weiterkämpfen."
Der Dissident Kara-Mursa, der Nawalny nahestand, forderte die Verurteilung Putins als "Kriegsverbrecher". "Wir fordern, dass nicht nur Putin selbst, sondern alle seine Komplizen, die Kriegsverbrecher, die in unserem Land die Macht ergriffen haben, vor Gericht gestellt werden", sagte er.
Auch Kara-Mursa, der selbst zwei Anschläge überlebte, sprach seinen Landsleuten in Berlin Mut zu. "Ich weiß, dass der Tag nicht mehr fern ist, an dem dieses Gebäude, das heute das Spionagenest des Putin-Regimes in Europa ist, die Botschaft eines freien Russlands sein wird", sagte er zur russischen Botschaft gewandt.
Jaschin gab sich wie bereits zu Beginn der Veranstaltung kämpferisch. "Habt keine Angst", rief er der Menschenmenge zu. "Kämpft für euer Land und füreinander." Der ehemalige Verbündete Nawalnys stand auch dem Oppositionspolitiker Boris Nemzow nahe, der 2015 in der Nähe des Kreml ermordet worden war.
Die bisher letzten großen Demonstrationen von Kreml-Kritikern fanden in Russland spontan statt; so nahmen Tausende im März 2024 trotz der Repression in Russland an der Trauerfeier für Nawalny in Moskau teil.
Die Demonstration in Berlin fand rund tausend Tage nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine statt, die Russland Ende Februar 2022 überfallen hatte.
M.Ouellet--BTB