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Präsidentenwahl in Rumänien: Rechtsradikaler in erster Runde überraschend vorn
Völlig überraschend ist in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Rumänien der rechtsradikale und russlandfreundliche Kandidat Calin Georgescu auf dem ersten Platz gelandet - ein Ergebnis, das einem politischen Erdbeben gleichkommt. Georgescu wird nun in einer Stichwahl am 8. Dezember gegen die Mitte-Rechts-Politikerin Elena Lasconi antreten, die bei der Wahl am Sonntag knapp den sozialdemokratischen und pro-westlichen Regierungschef Marcel Ciolacu abhängte.
Laut dem amtlichen Endergebnis vom Montag gewann Georgescu 22,94 Prozent der Stimmen, Lasconi kam auf 19,18 Prozent, Ciolacu auf 19,15 Prozent. Der Regierungschef hatte die Umfragen vor der Wahl angeführt und war deshalb als klarer Favorit in das Präsidentschaftsrennen gegangen. Ciolacus Sozialdemokratische Partei hat die rumänische Politik in den vergangenen 30 Jahren dominiert.
Ciolacu sagte nach seiner Niederlage vor Journalisten, die Sozialdemokraten würden das Ergebnis nicht anfechten, "obwohl der Abstand gering ist". Er betonte: "Die Regeln der Demokratie und die Bedeutung der Stichwahl haben mehr Gewicht als unsere persönlichen Interessen".
Ciolacu kündigte seinen Rücktritt als Chef der Sozialdemokraten an. Er war vor der Wahl wegen der Nutzung von Privatflugzeugen in die Kritik geraten, was womöglich seinem Ergebnis schadete.
Georgescu wiederum hatte mit ultrarechten Parolen für Aufsehen gesorgt. Vor dem Urnengang hatte er eine Kampagne im Onlinenetzwerk Tiktok gestartet, in der er ultimativ ein Ende der Hilfe für die Ukraine forderte. Außerdem äußerte er sich skeptisch zur Nato-Mitgliedschaft Rumäniens.
"Heute Abend hat das rumänische Volk nach Frieden geschrien. Und es hat sehr laut geschrien, sehr laut", erklärte der Wahlsieger am Wahlabend. Der 62-Jährige und ein weiterer ultrarechter Kandidat kamen zusammen auf rund ein Drittel der Stimmen - ein politisches Erdbeben in dem 19 Millionen Einwohner zählenden Nato- und EU-Mitgliedstaat, der sich bisher im Gegensatz zu den Nachbarstaaten Ungarn und Slowakei rechtsnationalistischen Tendenzen verschlossen hatte.
"Die extreme Rechte ist bei weitem der große Gewinner dieser Wahl", sagte der Politikwissenschaftler Cristian Pirvulescu der Nachrichtenagentur AFP. Dies dürfte sich nach seinen Worten bei der nächsten Sonntag anstehenden Parlamentswahl "ansteckend" auswirken.
Die zweitplatzierte Lasconi ist Bürgermeisterin einer kleinen Stadt und landesweit kaum bekannt. Die 52-Jährige wird nun gegen Georgescu um die Nachfolge des deutschstämmigen Präsidenten Klaus Iohannis kämpfen.
Der rechtsnationalistische Kandidat George Simion landete mit 13,87 Prozent auf den vierten Platz und schied damit ebenfalls aus. In den Umfragen hatte er noch auf dem zweiten Platz gelegen, offenbar machte ihm Wahlsieger Georgescu mit noch extremeren Positionen viele Wähler abspenstig. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse hob der 38-jährige Simion hervor, dass mit Georgescu ein für die "Souveränität" Rumäniens eintretender Politiker in die Stichwahl gekommen sei.
Obwohl Georgescu explizit pro-russische Standpunkte vertritt, ist er nach Angaben des Kremls in Moskau nicht sehr bekannt. "Man kann nicht sagen, dass wir die Standpunkte dieses Kandidaten in Bezug auf die Beziehungen zu unserem Land gut kennen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag. Die aktuelle Regierung und Staatsführung Rumäniens sei "nicht freundschaftlich" gegenüber Russland. Moskau werde nun genau beobachten, wie sich die Dinge entwickeln und "wer die zweite Runde gewinnt", sagte Peskow.
Bei möglichen Zugewinnen für die Ultrarechten auch bei der Parlamentswahl am kommenden Sonntag könnte die Regierungsbildung schwierig werden. Die Sozialdemokraten regieren derzeit zusammen mit der liberalen PNL.
Das Nato-Mitgliedsland Rumänien hat insbesondere angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine große strategische Bedeutung: Rumänien teilt eine 650 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine, die rumänische Schwarzmeerküste reicht bis 150 Kilometer an die ukrainische Großstadt Odessa heran. 5000 Nato-Soldaten sind in Rumänien stationiert. Das Land spielt auch eine wichtige Rolle beim Export von ukrainischem Getreide.
L.Dubois--BTB