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Nach 15 Monaten im Gazastreifen: Drei freigelassene israelische Geiseln wieder zu Hause
Endlich frei: Nach mehr als 15 Monaten in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen sind drei israelische Geiseln wieder zu Hause in Israel. Die drei Frauen hätten vor Kurzem israelisches Staatsgebiet erreicht, erklärte die israelische Armee am Sonntag. Sie sind die ersten von 33 Geiseln, die in den nächsten sechs Wochen im Zuge des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas freikommen sollen.
Bei ihrer Ankunft in Israel am Sonntagnachmittag seien die drei jungen Frauen von israelischen Spezialkräften begleitet worden, hieß es in der Armee-Erklärung weiter. Sie befänden sich derzeit auf dem Weg zu einem Erstaufnahmezentrum im Süden Israels, wo sie einer ersten medizinischen Untersuchung unterzogen würden.
Davor hatte die israelische Armee erklärt, dass die drei Frauen an das Rote Kreuz übergeben worden seien und sich "auf dem Weg nach Israel befinden". Zuvor hatte ein Hamas-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP die Übergabe der drei Geiseln im Gazastreifen an das Rote Kreuz mitgeteilt.
Bei den Geiseln, deren Namen die Hamas Israel am Sonntag nach mehrstündiger Verzögerung übermittelt hatte, handelt es sich um Romi Gonen, Doron Steinbrecher und Emily Damari. Die 24-jährige Romi Gonen war am 7. Oktober vom Nova-Festival verschleppt worden. Die 28-jährige Emily Damari, eine israelisch-britische Doppelstaatlerin, sowie die 31-jährige Doron Steinbrecher wurden vor 15 Monaten von den Islamisten mit Gewalt aus dem Kibbuz Kfar Aza in den Gazastreifen entführt.
In der ersten, 42 Tage dauernden Phase des Abkommens sollen nun weitere 30 Geiseln freikommen. Die mit Hilfe der Vermittler Katar, Ägypten und USA in monatelangen zähen Verhandlungen ausgehandelte Vereinbarung sieht zudem vor, dass im Austausch gegen die Geiseln in Israel inhaftierte Palästinenser aus dem Gefängnis entlassen werden sollen. Israel hatte am Freitag die Zahl von 737 palästinensischen Häftlingen genannt, nach ägyptischen Angaben sind es 1890 palästinensische Gefangene.
Die Waffenruhe im Gazastreifen war ursprünglich für 7.30 Uhr geplant gewesen, ihr Beginn verzögerte sich jedoch, weil die Hamas Israel nicht wie zugesichert rechtzeitig die Namensliste übermittelte.
Kurz nach Erhalt der Namen teilte das Büro von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dann mit: "Gemäß dem Plan für die Freilassung der Geiseln wird die Waffenruhe für die erste Phase im Gazastreifen um 11.15 Uhr (Ortszeit) in Kraft treten." Israel hatte zuvor erklärt, die Waffenruhe werde vor Erhalt der Liste nicht in Kraft treten.
Netanjahus Kabinett hatte in der Nacht zu Samstag dem Abkommen mit der Hamas zugestimmt. Die Einigung nach 15 Monaten Krieg war am Mittwochabend verkündet worden. Damit gibt es erstmals seit November 2023 wieder eine Waffenruhe, in deren Rahmen die in der Gewalt der Hamas verbliebenen Geiseln freikommen sollen.
Wenige Stunden nach Beginn der Waffenruhe machten sich bereits Tausende Palästinenser auf den Weg zurück in ihre Häuser. Alleine in Dschabalia im Norden des Küstenstreifens waren hunderte Menschen zu sehen, die auf einer staubigen, von Trümmern zerstörter Wohngebäude gesäumten Straße Zelte, Kleidung und weitere Habseligkeiten bei sich trugen.
In Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens füllten feiernde Kinder die Straßen, Mitglieder der Sicherheitskräfte der islamistischen Hamas patrouillierten durch die Straßen. Im weiter südlich gelegenen Chan Junis feierten Vertriebene ihre bevorstehende Rückkehr. Bewaffnete Männer fuhren in Pick-Ups durch die Straßen, hielten ihre Kalaschnikow-Gewehre und feuerten Schüsse in die Luft.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt.
94 der Verschleppten sollen sich nach wie vor dort befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee tot. Unter den verbliebenen Geiseln befindet sich auch eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen mit Deutschland-Bezug, wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß.
Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, bis Samstag 46.913 Menschen getötet.
US-Präsident Joe Biden begrüßte die Waffenruhe. "Nach so viel Schmerz, Tod und Verlust an Menschenleben sind heute die Waffen in Gaza verstummt", sagte der scheidende US-Präsident während eines Besuchs in South Carolina. Die Region habe sich "grundlegend verändert", fügte er hinzu. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte im Onlinedienst X: "Endlich schweigen die Waffen. Endlich kommen israelische Geiseln frei."
Israels Außenminister Gideon Saar warnte indes vor einem Machtverbleib der Islamisten in dem Küstengebiet. "Es gibt keine Zukunft des Friedens, der Stabilität und der Sicherheit für beide Seiten, wenn die Hamas im Gazastreifen an der Macht bleibt", sagte Saar vor Journalisten. Wenn die internationale Gemeinschaft eine dauerhafte Waffenruhe wolle, müsse ein entsprechendes Abkommen die vollständige Zerschlagung der Hamas beinhalten.
W.Lapointe--BTB