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Hunderte verlassen Dschenin im Westjordanland - Israel dementiert Evakuierungsbefehl
Wegen des israelischen Militäreinsatzes in der Flüchtlingssiedlung Dschenin im Westjordanland haben am Donnerstag nach palästinensischen Angaben hunderte Bewohne ihre Häuser verlassen. Die israelische Armee habe zuvor mit an Drohnen und Fahrzeugen befestigten Lautsprechern zur Evakuierung aufgerufen, teilte der Gouverneur der gleichnamigen Stadt, Kamal Abu al-Rub, der Nachrichtenagentur AFP mit. Die israelische Armee erklärte indes, sie habe in der Nacht nahe Dschenin zwei militante Palästinenser getötet.
Hinsichtlich einer Evakuierungsanordnung für Dschenin erklärte die israelische Armee, ihr lägen aktuell keine entsprechenden Informationen vor. Der Anwohner Salim Saadi sagte hingegen: "Sie haben die Bewohner der Flüchtlingssiedlung dazu aufgefordert, das Gelände vor 17.00 Uhr (Ortszeit, 16.00 Uhr MEZ) zu verlassen."
Viele Palästinenser hatten Dschenin bereits am Mittwoch zu Fuß verlassen, wie Bilder von AFPTV zeigten. Über den Fliehenden war das Geräusch von Drohnen zu hören. Ein AFP-Fotograf beobachtete zudem, dass mehrere Palästinenser festgenommen wurden.
Die israelische Armee erklärte, sie habe in der Nacht zum Donnerstag zwei militante Palästinenser getötet, die sich in einem Haus im Dorf Burkin bei Dschenin verschanzt hätten. "Nach einem Schusswechsel wurden sie von den Streitkräften eliminiert", erklärte die Armee. Dabei sei ein Soldat verletzt worden.
Die Armee identifizierte die Männer als Mohammed Nassal und Kutaiba Schalabi. Beide hätten mit der Palästinensermiliz Islamischer Dschihad in Verbindung gestanden und seien verantwortlich für den tödlichen Schusswaffenangriff auf einen israelischen Bus Anfang Januar, bei dem drei Menschen getötet und sechs weitere verletzt worden waren.
Das palästinensische Gesundheitsministerium bestätigte den Tod der beiden Männer. Seit Beginn des israelischen Einsatzes am Dienstag seien damit mindestens zwölf Palästinenser getötet und mehr als 40 weitere verletzt worden.
Der Großeinsatz "Operation Iron Wall" (Operation Eisenmauer) dient laut Israel der Terrorbekämpfung im als Hochburg palästinensischer Milizen bekannten Dschenin. Armeesprecher Nadav Schoschani hatte mitgeteilt, der Einsatz ziele darauf ab, "hunderte" Angriffe in "Judäa und Samaria sowie im Rest Israels" zu verhindern. Er benutzte dabei die biblischen Namen, die Israel für die besetzten palästinensischen Gebiete im Westjordanland verwendet.
Israel hatte das Gebiet im arabisch-israelischen Krieg 1967 erobert und hält es seitdem besetzt. Inmitten von drei Millionen Palästinensern leben mehr als 490.000 Israelis im Westjordanland in völkerrechtlich illegalen Siedlungen, die immer weiter ausgebaut werden.
Der durch den Großangriff der radikalislamischen Hamas und verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöste Krieg im Gazastreifen hatte auch die Gewalt im Westjordanland aufflammen lassen. Im Gaza-Krieg gilt seit Sonntag eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.
Erstmals seit dem Beginn der Feuerpause gab die israelische Armee am Donnerstag die Tötung eines islamistischen Kämpfers im Gazastreifen bekannt. Soldaten hätten im Süden des Palästinensergebiets "mehrere bewaffnete Verdächtige identifiziert", die eine Gefahr dargestellt hätten, teilten die israelischen Streitkräfte am Mittwoch mit. Um die Bedrohung zu stoppen, sei ein Kämpfer der Miliz Islamischer Dschihad "eliminiert" worden.
Die Armee teilte weiter mit, in mehreren Gebieten des Gazastreifens hätten Soldaten "Warnschüsse" in Richtung "maskierter Verdächtiger" abgegeben, die sich ihnen genähert hätten. Die Streitkräfte würden sich an die Bedingungen der Waffenruhe halten, hieß es weiter.
Im Rahmen der ersten Phase der Waffenruhe, die sechs Wochen dauern soll, ist vorgesehen, dass sich die israelischen Soldaten aus dicht besiedelten Gebieten im Gazastreifen zurückziehen. Die Armee hatte Palästinenser davor gewarnt, sich den Soldaten zu nähern.
Das von der Hamas kontrollierte palästinensische Gesundheitsministerium gab unterdessen bekannt, es seien trotz der Waffenruhe weitere Tote geborgen worden. Seit Mittwoch seien in Krankenhäusern im Gazastreifen 122 Leichen eingeliefert worden, darunter 120, die "aus Trümmern" geborgen worden waren. Zu den Todesumständen der zwei weiteren Opfer äußerte sich das Ministerium nicht. Zudem seien weitere 306 Menschen verletzt worden.
Seit dem Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen wurden laut der Hamas-Behörde damit 47.283 Menschen getötet und 111.472 verletzt. Israel hatte die Offensive nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 begonnen, bei dem laut israelischen Angaben 1210 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren.
Das Waffenruheabkommen sieht auch den Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Gefangenen vor. Drei weibliche Geiseln sind im Rahmen des Abkommens bereits nach Israel zurückgekehrt, im Gegenzug für die Befreiung von rund 90 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen. Am Samstag soll ein zweiter Austausch stattfinden.
Die Feuerpause war nach mehr als 15 Monaten Krieg von Katar, Ägypten und den USA vermittelt worden. Sie trat nur einen Tag vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump in Kraft. Der neue Außenminister in Washington, Marco Rubio, sicherte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu laut seiner Sprecherin in einem Telefonat die "unerschütterliche Unterstützung" der USA zu. Dies habe auch unter Trump "höchste Priorität".
J.Horn--BTB