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Hamas lässt drei weitere israelische Geiseln frei - 183 Palästinenser aus Haft entlassen
Die radikalislamische Hamas hat im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens mit Israel drei weitere israelische Geiseln freigelassen. In Chan Junis im Süden des Gazastreifens wurden am Samstagmorgen zunächst Yarden Bibas und Ofer Kalderon an das Rote Kreuz übergeben. Wenig später kam in der Stadt Gaza der US-Israeli Keith Siegel frei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich indes besorgt angesichts des Schicksals der ebenfalls von der Hamas entführten Ehefrau von Yarden Bibas, der Deutsch-Israelin Shiri Silberman-Bibas, und ihrer Söhne Ariel und Kfir. "Wir bangen um sie", erklärte er.
Alle drei Geiseln wurden von der israelischen Armee zurück nach Israel gebracht. Es war die vierte Freilassung von israelischen Geiseln im Rahmen des am 19. Januar in Kraft getretenen Abkommens für eine Waffenruhe im Gazastreifen. Im Austausch für die drei Männer wurden 183 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen entlassen.
Kurz nach der Freilassung der Geiseln verließ ein Bus mit Gefangenen das Ofer-Gefängnis im besetzten Westjordanland. Er fuhr in die Stadt Beitunia nahe Ramallah, wo die Gefangenen laut einem AFP-Journalisten von jubelnden Menschen empfangen wurden.
Später trafen drei weitere Busse mit freigelassenen Häftlingen in Chan Junis ein. Auch sie wurden von einer jubelnden Menge begrüßt. Nach Angaben einer Organisation, die palästinensische Gefangene vertritt, wurden 150 der insgesamt 183 freigelassenen Palästinenser in den Gazastreifen gebracht.
Mit den jüngsten Freilassungen haben Hamas und Islamischer Dschihad bislang 18 Geiseln an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes übergeben. Das Waffenruhe-Abkommen sieht für eine erste sechswöchige Phase die Freilassung von insgesamt 33 Geiseln vor. Acht von ihnen sind nach israelischen Angaben tot, es geht in ihrem Fall nur noch um die Überführung der sterblichen Überreste.
Bei den vorangegangenen Übergaben der israelischen Geiseln durch die Hamas kam es teilweise zu chaotischen Szenen, die von Israel heftig kritisiert wurden. Im Gegensatz dazu verliefen die Freilassungen am Samstag weitgehend geordnet. Sowohl in Chan Junis als auch in Gaza standen zahlreiche bewaffnete und vermummte Hamas-Kämpfer Wache.
Für die Freilassung des US-Israeli Siegel war in Gaza direkt am Hafen eine Bühne aufgebaut. Zahlreiche Kämpfer marschierten auf, Flaggen der Hamas und der Palästinenser wehten im Wind, während der 65-Jährige flankiert von Bewaffneten den Schaulustigen und Kameras zuwinkte, wie es von zuvor freigelassenen Geiseln ebenfalls verlangt worden war. Den Geiseln wurden zudem "Freilassungsurkunden" überreicht.
Der 65-jährige Siegel war zusammen mit seiner Frau Aviva Siegel aus ihrer Wohnung im Kibbuz Kfar Aza entführt worden. Sie wurde während der ersten Waffenruhe im November 2023 freigelassen.
Kalderon, der neben der israelischen auch die französische Staatsbürgerschaft hat, wurde aus dem Kibbuz Nir Oz entführt - gemeinsam mit seinem damals zwölf Jahre alten Sohn Erez und seiner damals 16 Jahre alten Tochter Sahar. Die beiden Jugendlichen wurden ebenfalls während der ersten Waffenruhe freigelassen. Im Krankenhaus in Tel Aviv wurde Kalderon von seinen vier Kindern in Empfang genommen, die er in die Arme schloss. "Wir haben sehr lange auf diesen Moment gewartet", sagte der Onkel des Freigelassenen, Shemi Kalderon.
Besonders bewegt das Schicksal des 35-jährigen Familienvaters Bibas. Er war bei dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 aus seiner Wohnung im Kibbuz Nir Oz entführt worden. Seine ebenfalls verschleppte Frau Shiri und seine damals achteinhalb Monate und vier Jahre alten Söhne Kfir und Ariel sind bislang nicht aus dem Gazastreifen zurückgekehrt. Die Hamas erklärte sie bereits für tot, die israelischen Behörden bestätigten dies bislang nicht.
Israel forderte von Vermittlern Informationen über das Schicksal der Familie Bibas, die seit Langem in permanenter Angst lebe. "Wir fordern von den Vermittlern weiterhin Informationen" über den Zustand von Shiri Bibas und den beiden Kindern, betonte der israelische Geiselbeauftragte Gal Hirsch. Die Armee veröffentlichte indes ein Video, das zeigt, wie Bibas beim Wiedersehen mit seiner Schwester und seinem Vater in Tränen ausbricht.
Das israelische Forum der Geiselfamilien begrüßte die Rückkehr der Männer nach Israel. Diese bringe "einen Lichtstrahl in die Dunkelheit, bietet Hoffnung und demonstriert den Triumph des menschlichen Geistes", hieß es in einer Erklärung. In Israel selbst versammelten sich Hunderte von Menschen auf dem sogenannten Geiselplatz in Tel Aviv.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die Freilassung der Männer in Onlinenetzwerken einen "Grund zur Freude". Während Kalderon und Siegel "endlich wieder ihre Liebsten umarmen können", gehe jedoch für Bibas "der Hamas-Terror auch in Freiheit weiter". Dass der Vater nun zurückgekehrt sei, die drei anderen Familienmitglieder aber nicht, "verstärkt die schlimmsten Befürchtungen", erklärte Baerbock.
Im Rahmen der Waffenruhe wurde am Samstag der Grenzübergang Rafah im Süden des Gazastreifens erstmals seit Mai 2024 wieder geöffnet. 50 Patienten wurden über den Grenzübergang nach Ägypten gebracht, erklärte die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen. Im ägyptischen Fernsehsender Al-Kahera News war zu sehen, wie 50 Evakuierte und 53 Begleitpersonen die Grenze zu Ägypten überquerten, um dort behandelt zu werden. Der nächste Austausch von Geiseln und Gefangenen soll laut Quellen der Hamas am kommenden Samstag stattfinden.
H.Seidel--BTB