Berliner Tageblatt - Nach Trumps umstrittenem Gaza-Vorstoß: Israel will "freiwillige Ausreise" ermöglichen

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Nach Trumps umstrittenem Gaza-Vorstoß: Israel will "freiwillige Ausreise" ermöglichen
Nach Trumps umstrittenem Gaza-Vorstoß: Israel will "freiwillige Ausreise" ermöglichen / Foto: © AFP

Nach Trumps umstrittenem Gaza-Vorstoß: Israel will "freiwillige Ausreise" ermöglichen

Nach dem höchst umstrittenen Vorstoß von US-Präsident Donald Trump zu einer Übernahme des Gazastreifens durch die USA hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz seine Armee angewiesen, einen Plan für die "freiwillige Ausreise" der dortigen palästinensischen Bevölkerung vorzubereiten. Trump versicherte seinerseits, dass für die Umsetzung seines Vorhabens kein Einsatz von US-Soldaten nötig sei. Ägypten, das eine wichtige Vermittlerrolle in der Region erfüllt, reagierte erneut mit scharfer Kritik insbesondere an Israel.

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Die Bewohner des Gazastreifens könnten das Küstengebiet verlassen und "in jedes Land gehen, das sie aufnehmen will", erklärte Katz am Donnerstag. Der israelische Plan soll nach Angaben des Verteidigungsministers die Ausreise über Grenzübergänge ebenso ermöglichen wie "besondere Vorkehrungen für die Abreise auf dem See- und Luftweg".

Bislang hatte Israel den Palästinensern jegliches Verlassen des Gazastreifens verboten. Der einzige Grenzübergang in Richtung Ägypten ist derzeit nur für die Evakuierung von wenigen Verletzten geöffnet.

US-Präsident Trump hatte am Dienstag bei einem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu angekündigt, den Gazastreifen unter die Kontrolle der USA bringen und die dortige Bevölkerung etwa nach Jordanien oder Ägypten umsiedeln zu wollen. "Wir werden dort einen guten Job machen. Wir werden es besitzen", sagte er und führte weiter aus, den Küstenstreifen zu einer "Riviera des Nahen Ostens" aufbauen zu wollen. Konkrete Details, wie eine Umsiedlung der mehr als zwei Millionen Palästinenser erfolge solle, nannte er nicht.

Während das Vorhaben vor allem in muslimischen Ländern und bei der UNO eine Welle der Empörung ausgelöst hatte, nannte Netanjahu die Idee "bemerkenswert". Auch sein Verteidigungsminister Katz sprach von einem "mutigen Plan", der es einem großen Teil der Bevölkerung im Gazastreifen ermöglichen könnte, "an verschiedene Orte auf der ganzen Welt umzuziehen". Zudem würden Wiederaufbauprogramme für ein "entmilitarisiertes, bedrohungsfreies Gaza" erleichtert.

Ägypten reagierte auf die Äußerungen israelischer Regierungsmitglieder verärgert. Die von Mitgliedern der israelischen Regierung signalisierte Zustimmung für den Plan "schwächt und zerstört die Verhandlungen über ein Waffenruhe-Abkommen und stachelt zu einer Rückkehr der Kämpfe an", erklärte das ägyptische Außenministerium.

Ein Sprecher der Hamas sagte mit Blick auf Trumps Pläne, diese seien eine "Absichtserklärung zur Besetzung" und fügte an: "Der Gazastreifen gehört seinem Volk und das wird nicht weggehenEr fordert die Einberufung eines Krisengipfels arabischer Staaten, um Trumps Plan entgegenzutreten. Die mit der Hamas verbündete iranische Regierung wies Trumps Vorhaben ebenfalls scharf zurück.

Das Weiße Haus hatte Trumps Ausführungen am Mittwoch abgeschwächt. Es gehe um "vorübergehende" Umsiedlungen, bis die Wohnungen der Menschen wieder aufgebaut seien. Zudem sollten keine US-Soldaten in das Gebiet geschickt werden.

Trump selbst versicherte am Donnerstag auf seiner Onlineplattform Truth Social, dass für die Umsetzung seines Plans keine US-Soldaten nötig seien. "Keine Soldaten der USA wären nötig! In der Region würde Stabilität herrschen", schrieb er dort.

Der Gazastreifen werde nach Abschluss der Kämpfe von Israel an die USA übergeben, führte Trump aus. Die Palästinenser würden zuvor "in viel sicherere und schönere Gemeinden in der Region, mit neuen und modernen Häusern" umgesiedelt.

Laut einem Bericht der "New York Times" überraschte Trump mit der Vorstellung seines "eilig aufgeschriebenen" Plans für den Gazastreifen sowohl seine eigenen Mitarbeiter als auch die israelische Seite. Demnach hatte Trump vorab weder mit dem Verteidigungs- noch mit dem Außenministerium in Washington gesprochen.

Nach mehr als 15 Monaten Krieg sind große Teile des Gazastreifens zerstört: Schulen, Krankenhäuser und ein Großteil der Infrastruktur liegen in Schutt und Asche. Ausgelöst worden war der Gaza-Krieg durch den Angriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und ihrer Verbündeten am 7. Oktober 2023 auf Israel, bei dem israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet wurden. Bei israelischen Gegenangriffen wurden laut Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bislang mehr als 47.500 Menschen getötet.

Seit dem 19. Januar gilt die erste Phase einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, in deren Rahmen bereits mehrere israelische Geiseln im Austausch von palästinensischen Gefangenen freigelassen wurden. Zudem kamen UN-Angaben zufolge bereits mehr als 10.000 Lkw mit Hilfslieferungen im Gazastreifen an.

C.Meier--BTB