Berliner Tageblatt - "Wir fangen erst an": Trump bekräftigt vor US-Kongress seine radikale Agenda

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"Wir fangen erst an": Trump bekräftigt vor US-Kongress seine radikale Agenda
"Wir fangen erst an": Trump bekräftigt vor US-Kongress seine radikale Agenda / Foto: © POOL/AFP

"Wir fangen erst an": Trump bekräftigt vor US-Kongress seine radikale Agenda

"Wir fangen gerade erst an": US-Präsident Donald Trump hat in seiner ersten Rede vor dem Kongress seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus eine rigorose Durchsetzung seiner radikalen Agenda angekündigt. In der langen Ansprache am Dienstagabend (Ortszeit) spendete er sich überschwänglich Eigenlob und rechtfertige seinen drastischen Bürokratieabbau sowie seine Strafzölle. Gegenüber dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj schlug Trump nach dem jüngsten Eklat im Weißen Haus versöhnliche Töne an.

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Zu Beginn seines Auftritts vor beiden Kongresskammern verkündete Trump: "Amerika ist zurück." Unter "USA, USA"-Jubelrufen der Abgeordneten seiner Republikaner fuhr er fort: "Wir haben in 43 Tagen mehr erreicht als die meisten Regierungen in vier oder acht Jahren – und wir fangen gerade erst an." Von den oppositionellen Demokraten wurde die Rede hingegen mit wütenden Protesten begleitet, einige von ihnen verließen während Trumps Auftritt den Saal.

Weite Teile der 100 Minuten langen Ansprache - die längste, die jemals ein US-Präsident vor dem Kongress gehalten hat - verwendete Trump auf Eigenlob. So rühmte er die zahlreichen Strafzölle, die er verhängt oder angekündigt hat, als Erfolgsmodell: Sie dienten nicht nur dem Schutz von Arbeitsplätzen in den USA: "Es geht um den Schutz der Seele unseres Landes."

Trump warf unter anderem der EU erneut vor, die USA beim Außenhandel "nicht fair" zu behandeln. In einem seltenen Zugeständnis an seine Kritiker räumte er allerdings ein, dass die Einführung der Strafzölle nicht störungsfrei verlaufe: "Es wird ein bisschen Unruhe geben, aber das ist für uns okay. Es wird nicht viel sein", sagte er.

Die Zölle hatten zuletzt zu Kurseinbrüchen an den Börsen geführt. Experten warnen, dass die Zölle wegen der dadurch steigenden Preise für Importwaren die Inflation in den USA neu anheizen könnten - die Eindämmung der Teuerungsrate ist aber eines von Trumps zentralen Wahlkampfversprechen gewesen.

Zu den von ihm eingeleiteten Massenentlassungen in den Bundesbehörden sagte Trump: "Die Tage der Herrschaft von ungewählten Bürokraten sind vorüber." Er dankte seinem Berater Elon Musk und der von dem Tech-Milliardär angeführten Abteilung für staatliche Effizienz (Doge) dafür, bei der Beendigung der "eklatanten Verschwendung von Steuergeldern" zu helfen. Der anwesende Unternehmer erhob sich dabei zu donnerndem Applaus der Republikaner von seinem Platz.

Im außenpolitischen Teil seiner Rede sandte Trump versöhnliche Töne an Selenskyj aus, den er zusammen mit Vizepräsident JD Vance vier Tage zuvor in einem beispiellosen Streit vor laufenden Kameras im Weißen Haus wegen vermeintlicher Undankbarkeit und Respektlosigkeit gemaßregelt hatte.

Der US-Präsident berichtete von einem Brief, den er von dem ukrainischen Staatschef erhalten habe. Darin habe Selenskyj angeboten, "so bald wie möglich an den Verhandlungstisch zu kommen, um einen dauerhaften Frieden näher zu bringen". Auch habe sich Selenskyj für die US-Unterstützung bedankt. "Ich weiß es zu schätzen, dass er diesen Brief geschickt hat", sagte Trump. Er habe zudem "starke Signale" der russischen Führung erhalten, dass sie ebenfalls "Frieden" im Konflikt mit der Ukraine wolle. Auf die Kehrtwende in der US-Politik, die er mit seinem Annäherungskurs gegenüber Kreml-Chef Wladimir Putin vollzogen hat, ging Trump indes nicht näher ein.

Bei anderen außenpolitischen Themen zeigte sich Trump weniger versöhnlich. So drohte er erneut, den Panamakanal wieder unter die Kontrolle der USA zu bringen: "Wir holen ihn uns zurück." Auch kündigte er abermals an, dass die USA das rohstoffreiche und zu Dänemark gehörende Grönland übernehmen würden: "Auf die eine oder andere Weise werden wir es bekommen."

Die Reaktionen im Saal illustrierten die tiefe politische Spaltung des Landes. Während die beide Kongresskammer kontrollierenden Republikaner immer wieder in euphorischen Jubel und Applaus ausbrachen und ihren Präsidenten mit Sprechchören anfeuerten, artikulierten die Demokraten mit Zwischenrufen und anderen Aktionen ihren Protest. Der demokratische Abgeordnete Al Green wurde gleich zu Beginn der Rede aus dem Saal verbannt, nachdem er den Präsidenten mehrfach ausgebuht und seinen Gehstock in dessen Richtung geschwungen hatte.

Mehrere andere Demokraten verließen später von sich aus den Saal. Die Abgeordnete Jasmine Crockett entfernte bei dabei ihre Jacke und brachte so ein T-Shirt mit dem Spruch "Resist" ("Leiste Widerstand") zum Vorschein. Viele demokratische Parlamentatrier trugen auch Schals, Krawatten und Anstecker mit den gelb-blauen Farben der Ukraine - als Zeichen der Solidarität mit dem von Russland seit mehr als drei Jahren angegriffenen Land.

B.Shevchenko--BTB