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Teilweise Kritik an deutschem Konzept zur Nato-Ostflanke
Zur Abschreckung Russlands will die Nato noch mehr Truppen in die östlichen Mitgliedsländer verlegen. Ein von Deutschland vorgeschlagenes Konzept zur Stärkung der sogenannten Ostflanke stieß am Donnerstag beim Verteidigungsministertreffen in Brüssel allerdings teilweise auf Kritik. Die Bundeswehr könnte demnach in Litauen mit etwa 1500 Soldaten die Führung einer "Kampfbrigade" übernehmen, die aber nicht ständig präsent ist. Die Baltenstaaten dringen auf eine stärkere Unterstützung.
Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi die Ukraine besuchte, bereiteten die Verteidigungsminister den Nato-Gipfel in Madrid am 29. und 30. Juni vor. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) stellte in Brüssel die deutschen Pläne zur Stärkung der Nato-Präsenz im Baltikum vor. Sie könnten nach ihrer Überzeugung Modell für andere Bündnisländer sein.
Dem deutschen Vorschlag zufolge sollen zusätzliche Truppen nach dem Rotationsprinzip Übungen vor Ort absolvieren, der Großteil der Verstärkung aber in den Heimatländern vorgehalten werden. Diese zusätzlichen Truppen könnten dann "sehr schnell verlegt werden", sagte Lambrecht. Zudem sollen gepanzerte Fahrzeuge und andere militärische Ausrüstung in den Osten des Bündnisgebiets verlegt und grundlegende Kommandostrukturen aufgebaut werden.
Positive Resonanz auf den deutschen Vorschlag kam von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Stoltenberg äußerte sich "zuversichtlich, dass wir uns bis zum Gipfel auf dieses Truppenkonzept einigen". Er rechne auf Basis des deutschen Vorschlags mit einer Reihe von Truppenzusagen. Austin sagte, das deutsche Modell werde es "deutlich erleichtern, Kräfte nach vorne zu verlegen". Er fügte hinzu: "Wir konzentrieren uns nicht auf Truppen vor Ort, sondern Fähigkeiten."
Kritik kam hingegen von den Baltenstaaten, die sich nach der Ukraine als nächstes potenzielles Ziel russischer Angriffe sehen. Sie fordern dauerhaft mehr Truppen im Osten. Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks sagte der Nachrichtenagentur AFP zu dem deutschen Vorschlag, mindestens 80 Prozent der zusätzlichen Truppenteile müssten im Baltikum stationiert werden. "Wir brauchen kampffähige Kräfte vor Ort", betonte er. "Dann wäre der Vorschlag völlig akzeptabel für uns."
Zurückhaltend äußerte sich auch der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Der deutsche Vorstoß unterscheide sich "nicht massiv" von dem, was schon jetzt getan werde, sagte er in Brüssel. Dennoch werde sein Land als Nato-Führungsnation in Estland womöglich ähnlich vorgehen.
Die neue Brigade unter deutscher Führung soll zusätzlich zu dem multinationalen Nato-Kampfverband aufgestellt werden, den Deutschland in Litauen seit mehr als fünf Jahren leitet. Die sogenannte Battlegroup umfasst rund 1600 Soldaten, die Bundeswehr stellt davon inzwischen rund tausend.
Zusätzlich wolle sich Deutschland "in einer vierstelligen Zahl" einbringen, sagte Lambrecht. Wenn sich andere Partner entsprechend beteiligen, könnte die neue Brigade theoretisch bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten umfassen.
Überschattet wurden die Beratungen von der türkischen Blockade der Nato-Beitrittsanträge Schwedens und Finnlands. Vermittlungsversuche Stoltenbergs brachten bisher keinen Durchbruch. In Madrid könnten US-Präsident Joe Biden und Andere deshalb auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einwirken, hieß es in Brüssel
E.Schubert--BTB